01.07.2024 | Pressemitteilung

DGPPN aktualisiert Vorschläge für die gesetzliche Regelung der Suizidassistenz

Suizidassistenz ist in Deutschland gegenwärtig nicht per Gesetz geregelt. Assistierte Suizide finden zunehmend statt, aber ohne Regulierung oder Überprüfung der Voraussetzungen oder des Vorgehens. Gerade erst wurden zwei Ärzte, die psychisch erkrankten Menschen beim Suizid assistiert hatten, zu Gefängnisstrafen verurteilt. Die DGPPN bekräftigt deshalb jetzt ihre Forderung nach einem Gesetz zur Suizidassistenz und stellt Eckpunkte für ein mögliches Vorgehen vor. Sie sollen aus psychiatrischer Perspektive die Überlegungen zu einer gesetzlichen Regelung unterstützen.

„Wir brauchen ein Gesetz zur Suizidassistenz und wir brauchen es schnell“, fordert Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). „Denn die Zahl der assistierten Suizide steigt, ihre Durchführung ist aber unreguliert.“

Eine gesetzliche Regelung der Suizidassistenz muss einerseits gewährleisten, dass die Autonomie von Suizidwilligen respektiert wird. Andererseits muss sie Menschen schützen, die beispielsweise durch eine psychische Erkrankung daran gehindert sind, freiverantwortlich zu entscheiden. An diesem Spagat scheiterten zuletzt im Sommer 2023 zwei Gesetzesentwürfe im Bundestag.

„Aktuell wird die Freiverantwortlichkeit einer Suizidentscheidung nicht fachgerecht geprüft – das zeigen Studien. Die von der DGPPN neu formulierten Eckpunkte für ein prozedurales Vorgehen ermöglichen den assistierten Suizid, gleichzeitig schützen sie aber Menschen, deren Freiverantwortlichkeit beispielsweise durch eine psychische Erkrankung eingeschränkt ist, vor diesem unumkehrbaren Schritt“, fasst Prof. Dr. Thomas Pollmächer, Past President und Vorsitzender der DGPPN-Kommission „Ethik und Recht“, die Empfehlungen der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaft zusammen.

In ihren „Eckpunkten für eine Neuregelung des assistierten Suizids – Aktualisierung 2024“ schlägt die DGPPN ein mehrschrittiges Vorgehen vor: Zunächst nimmt die suizidwillige Person eine Beratung durch eine staatlich autorisierte Stelle oder eine Fachärztin bzw. einen Facharzt in Anspruch. Der Fokus der Beratung sollte auf Behandlungs-, Hilfs-, und Unterstützungsmaßnahmen liegen. Nach der Beratung kann das todbringende Mittel bei einer staatlich autorisierten Stelle beantragt werden. Anschließend begutachtet eine Fachärztin oder ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie die Freiverantwortlichkeit der Entscheidung der suizidwilligen Person. Liegen keine Beeinträchtigungen der Freiverantwortlichkeit vor, händigt eine staatliche Stelle das todbringende Mittel an einen qualifizierten Helfer aus. Dieser dokumentiert den Vorgang, assistiert beim Suizid und stellt zudem nach der Durchführung der Suizidassistenz Daten an eine staatliche Stelle zur Verfügung.

Past President Thomas Pollmächer betont: „Wichtig ist insbesondere, dass immer mehrere Personen beteiligt sind. Die Beratung über Alternativen zum Suizid, die Begutachtung der Freiverantwortlichkeit und die Assistenz beim Suizid an sich dürfen keinesfalls von ein und derselben Person durchgeführt werden.“

Um einerseits zu vermeiden, dass Suizidwillige auf das Wohlwollen einzelner Ärztinnen und Ärzte angewiesen sind und andererseits Druck auf die Ärzteschaft zu vermeiden, soll nach Vorstellung der DGPPN keine ärztliche Verschreibung todbringender Mittel erfolgen. Stattdessen soll eine staatliche Stelle die Substanzen zur Verfügung stellen. „Suizidassistenz ist keine ärztliche Aufgabe. Kein Arzt darf verpflichtet werden, einen Menschen in den Tod zu führen“, fordert Thomas Pollmächer.

 

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